Jesus befindet sich in seinem Heimatdorf, wo er aufgewachsen ist. Wie wir im Evangelium vom letzten Sonntag gehört haben, liest er in der Synagoge aus der Bibel vor, aus dem Buch des Propheten Jesaja. Und da behauptet er: „Was Jesaja da vorhersagt, dass geschieht jetzt durch mich. Ich bin der von Gott Gesandter.“ Zunächst sind die Zuhörer begeistert, aber dann wundern sie sich: „Aber sie wunderten sich, so etwas aus seinem Mund zu hören, und sagten zueinander: »Ist das nicht der Sohn Josefs?«
Sie wissen alles über ihn. Über seine Mutter. Über seinen Vater. Woher sie kommen. Wie er sich in der Schule benommen hat. Und auf dem Weg dorthin. Mit wem er befreundet ist. Seinen Tagesablauf. Seinen Besitz. Alles wissen sie über ihn. Und sie regen sich auf: „Der braucht sich nicht so aufzuspielen! Meint, er könne ihnen etwas vom Leben erzählen! Oder gar von Gott!“ ... Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.
Sie nehmen ihm nicht ab, dass er im Dienste Gottes steht. Das soll er einmal beweisen, indem er Wunder tut, so wie er es anderswo, z.B. in Kafarnaum getan hat. Jesus verweigert das. Er ist kein herumreisender Wunderdoktor. Er kann dort keine Wunder tun, heißt es im Mk-Ev., weil kein Glaube an ihn vorhanden ist. „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, dann glaubt ihr nicht“, sagt Jesus woanders. Er sagt ja oft zu Menschen, die er geheilt hat: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Das erinnert uns auch an die Geschichte vom reichen Mann und Lazarus: In der Unterwelt leidet der Reiche qualvolle Schmerzen. Und er fleht Gott an: „Schick Lazarus zu meinen fünf Brüdern. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen.“ Abraham antwortet darauf: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören... Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.“ Nicht Wunder führen zum Glauben! Selbst wenn Jesus sie jetzt täte, würden sie deswegen noch nicht an ihn glauben.
Und nun wird Jesus provozierend: Erinnert euch an die Propheten Elia und Elischa. Weil das eigene Volk nicht auf sie hören wollte, gingen sie zu Heiden und Ausländern und taten dort ihre Wunder. Jesus scheint hier anzudeuten: Ich werde es ebenso tun! Genauso hat er später zu seinen Aposteln gesagt: „Und wenn man euch nicht aufnimmt und eure Worte nicht hören will, geht weg aus jenem Haus oder aus jener Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen!“ (Mt 10,14). Das macht seine Dorfgenossen so wütend, dass sie ihn sogar umbringen wollen.
Was will uns diese Szene aus dem Leben Jesu sagen? Unser christlicher Glaube darf kein Wunderglaube sein. Abgesehen davon, dass Wunder leicht missverstanden werden können und man sie so oder so interpretieren kann, müssen wir sagen: Nicht weil Jesus in unserem Leben Wunder wirkt glauben wir an ihn, sondern weil wir an ihn glauben, wirkt er heilsam in unserem Leben, wirkt er „Wunder“ in uns. Wo kein Glaube an ihn ist, kann er auch keine „Wunder“ tun.